Ich klicke lustlos durch Youtube, aber plötzlich ist da ein Video der Deutschrockband Tomte. Ich hatte ganz vergessen, dass es Tomte überhaupt mal gab.
Für alle, die zwischen 1980 und 1990 in Deutschland geborenen sind, ist Tomte-Hören so etwas wie der Geruch der in Tee getunkten Madeleines für den Ich-Erzähler in Marcel Proust Jahrhundertroman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ (Vorsicht Wikipedia-Wissen). So wie sich Prousts Erzähler bei diesem Geruch an seine Kindheit erinnert, so erinnert sich der Endzwanziger an seine Anfangzwanziger. Für alle anderen sind Tomte weder eine getunkte Madeleine noch sonst was, sondern einfach nur pathetische Adoleszenzmusik mit einem eher mittelmäßigen Sänger – und das ist schon sehr wohlwollend ausgedrückt. Ein intelligenter Mensch hat einmal gesagt: Wer mit Zwanzig kein Tomte-Fan ist, hat kein Herz und wer mit Dreißig noch Tomte-Fan ist, hat keinen Verstand. Ich glaube, das war ich.
Als das definitive Tomte-Album „Hinter all diesen Fenstern“ herauskam, war ich gerade 21 Jahre alt und war kurz davor nach Berlin zu ziehen. Die Welt stand offen, war aufregend und äh, offen. Ich fühlte mich so verstanden von Tomte. Kannten die mich, haben die heimlich mein Leben verfolgt und einen Song darüber geschrieben, fragte ich mich damals. Sie sangen zum Beispiel:
Hinter all diesen Fenstern sitzen Menschen
Du hast es immer geahnt
Tomte mit Thees. Blöde Namen und sahen scheiße aus. Aber schon auch nett irgendwie.