26. Oktober 2010

Bestes Songzitat diese Woche


Ich klicke lustlos durch Youtube, aber plötzlich ist da ein Video der Deutschrockband Tomte. Ich hatte ganz vergessen, dass es Tomte überhaupt mal gab.
Für alle, die zwischen 1980 und 1990 in Deutschland geborenen sind, ist Tomte-Hören so etwas wie der Geruch der in Tee getunkten Madeleines für den Ich-Erzähler in Marcel Proust Jahrhundertroman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ (Vorsicht Wikipedia-Wissen). So wie sich Prousts Erzähler bei diesem Geruch an seine Kindheit erinnert, so erinnert sich der Endzwanziger an seine Anfangzwanziger. Für alle anderen sind Tomte weder eine getunkte Madeleine noch sonst was, sondern einfach nur pathetische Adoleszenzmusik mit einem eher mittelmäßigen Sänger – und das ist schon sehr wohlwollend ausgedrückt. Ein intelligenter Mensch hat einmal gesagt: Wer mit Zwanzig kein Tomte-Fan ist, hat kein Herz und wer mit Dreißig noch Tomte-Fan ist, hat keinen Verstand. Ich glaube, das war ich.
Als das definitive Tomte-Album „Hinter all diesen Fenstern“ herauskam, war ich gerade 21 Jahre alt und war kurz davor nach Berlin zu ziehen. Die Welt stand offen, war aufregend und äh, offen. Ich fühlte mich so verstanden von Tomte. Kannten die mich, haben die heimlich mein Leben verfolgt und einen Song darüber geschrieben, fragte ich mich damals. Sie sangen zum Beispiel: 

Hinter all diesen Fenstern sitzen Menschen 
Du hast es immer geahnt

Genau so ist es, habe ich gedacht, endlich spricht es mal jemand aus.











Tomte mit Thees. Blöde Namen und sahen scheiße aus. Aber schon auch nett irgendwie.

16. Oktober 2010

Am unteren Ende von Dresden

Immer schön, wenn man Vorurteile bestätigt bekommt. Vor allem die über den Osten. Gestern bei meiner Lesung in Dresden-Prohlis (einer Plattenbausiedlung irgendwo am unteren Ende von Dresden), im ansonsten von netten Menschen organisierten "PlattenSpieler", durfte ich einen echten Nazi erleben. Der sah so richtig aus: Fetter Bauch, Adler auf der Brust, sehr besoffen und in etwa dreimal so groß wie ich. Außerdem dumm. So ein Prachtexemplar sieht man doch äußerst selten, wenn man sich nicht so oft aus dem inner circle Berlins herausbewegt. Und ich habe geschafft dem Nazi seine zwei Lieblingsworte zu entlocken. Hat ich noch nie bei einer Lesung: HH von einem echten Vorzeige-Neonazi. Yeah. 

Wer noch mehr Vorurteile über den Osten Deutschlands bestätigt bekommen will, lese doch das schlechte aber unterhaltsame Buch "Deutschboden" von Moritz von Uslar oder wenigstens Koljas Artikel darüber. 

12. Oktober 2010

Am unteren Ende der Wrangelstraße III

Tagsüber sitzen die Künstler von dem Ladenwohnung-Galerie-Dings gegenüber von meiner Wohnung am unteren Ende der Wrangelstraße auf dem Gehweg an einem Tisch und trinken Club Mate oder Bier. Obwohl es ja schon kühler wird draußen. Nie betritt ein Kunde das Laden-Galerie-Dings. Jeden Abend versuchen die Künstler auf einer Gitarre französische Chansons zu spielen. Das klingt als würde Wolfgang Petry Serge Gainsbourg nachsingen. Am Samstag haben sie dann eine laute Techno-Parties gefeiert. Da kam niemand außer sie selbst. Also haben sie Club Mate und Bier getrunken. Sie machen also das, was junge Künstler in Berlin eben so machen: Alles – nur keine Kunst. Aber mit Bier. Ich hasse sie sehr. Wahrscheinlich weil ich sie so gut verstehen kann. Ich mache ja auch nichts und trinke Bier dazu.

Fortsetzung folgt

4. Oktober 2010

Stuttgart 21




Die taz von Samstag.