12. November 2010

Auch mal Literatur

Kürzlich hat mich mal jemand gefragt, ob das alles auch Literatur sei, was wir da auf der Bühne vorlesen bei Poetry Slams oder Lesebühnen. Bühnenliteratur ist das, habe ich geantwortet. Aber Literatur...naja. Ist das überhaupt wichtig? Es ist eben Text
Die Frage, ob das Literatur ist, was auch unterhaltend und witzig ist und von der Gegenwart, in der wir leben, der Popkultur, handelt, wird immer wieder gestellt. Und die großen Feuilleton-Kritiker sind da dann immer sehr skeptisch und schreiben lieber über die Neuausgabe der gesammelten Briefe von Goethe. 
Auch den so genannten Popliteraten ab Mitte der 90er Jahre wurde abgesprochen, Literatur zu sein. Schließlich schrieben sie lieber über Parties, Drogen und Musik als über den Zweiten Weltkrieg. Trotzdem war es sowas wie ein Befreiungsschlag der deutschen Gegenwartsliteratur, dass Autoren wie Christian Kracht oder Benjamin von Stuckrad-Barre sich von den alten Traditionen befreiten und eben die Gegenwart als Material ihres Schreiben entdeckten. Allerdings wurde es dann wieder schnell ziemlich ruhig um die Popliteraten - bis jetzt.
Ich habe in den letzen Wochen drei neue Bücher von Autoren gelesen, die wohl als Popautoren laufen, die sich auf furiose Weise mit dem Deutschland der Gegenwart beschäftigen. Und ihre Bücher tragen auch häufig gleich das Land im Titel. Da wäre Moritz von Uslars Deutschboden, in dem er den Osten bereist und schaut, wie es so voran geht, mit der Wiedervereinigung. 
Auch Ingo Niermann und Alexander Wallasch widmen sich in Deutscher Sohn einem der wichtigsten aktuellen Streitpunkte, dem Afghanistan-Krieg. Vielleicht driften sie - wie Uslar auch - am Ende zu sehr vom eigentlichen Thema ab, aber überhaupt dieses Buch geschrieben zu haben, war wichtig. 
Das witzigste, aber wohl auch intelligenteste Buch aus dem Popumfeld kommt vom Christian-Kracht-Freund Rafael Horzon. Das weiße Buch ist seine Autobiographie, sie beschreibt die Jahre nach der Wende in Berlin-Mitte. Als alle lustige Kunstaktionen machten, Häuser für Parties besetzten und kein Geld hatten. Allerdings nimmt er das alles gar nicht ernst - und damit gerade wieder besonders ernst. Außerdem ist es eins der optisch schönsten Bücher, die ich kenne...

So, jetzt steht auch mal etwas über Literatur in diesem Blog. Wenn man selbst schon keine macht.

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