30. November 2010

Akademische Ehren

Endlich werden meine Texte gewürdigt! Endlich kommen sie zu akademischen Ehren! Werden sie interpretiert und analysiert. Das freut mich sehr. Die siebte Klasse einer Schule hat sich an meinem Text Wie ich einmal Punker war die Zähne ausgebissen. Dank sei Referendar Simon Lohmiller.
Hier seine Sachstrukturanalyse, die - das muss ich sagen - meinen Text wirklich sehr genau untersucht und, ja: versteht. Besser als ich vielleicht. Und danach die didaktische Begründung, warum ich so guter Unterrichtsstoff bin. Da bin ich selbstverständlich auch sehr mit einverstanden.


Sachstruktur:

Sebastian Lehmann schildert in der Geschichte „Wie ich einmal Punker war“ auf ironische Weise die Probleme im alltäglichen Leben einer jugendlichen Clique, die sich halbherzig und eher probehalber dem Aussteigertum verschrieben hat.
Die Jugendlichen erproben sich in der Rolle der gesellschaftlichen Außenseiter und in einem von der Norm abweichenden Verhalten. Dazu gehören Schnorren, Rauchen und Biertrinken in der Öffentlichkeit. Das jugendliche Trotzverhalten wird in Frage gestellt durch die Konfrontation mit den Eltern, die immer wieder am Ort des Geschehens auftauchen und die Jugendlichen zwingen, sich zu verstecken. Es ist ein Ringen um Selbstbestimmung und ein Erproben sozialer Rollen, welches Lehmann hier satirisch verarbeitet. Die Suche nach der eigenen Rolle auch innerhalb der Peer Group zeigt sich etwa in Dirks Frage: „Und wer bin dann ich?“ (Z. 19) Er bezieht sich damit auf die Tatsache, dass er nicht wie die anderen einen „Punker-Namen“ (ebd.) besitzt. Dieser Mangel zeigt die Verunsicherung, von welcher Dirk ganz augenscheinlich beherrscht wird. Verunsicherung herrscht auch bei den anderen Punkern, was sich schon am mangelnden Engagement beim Schnorren zeigt.
Die Ironie in dem Text speist sich vor allem aus der Dekonstruktion von Schein und Sein im Punkertum der Jugendlichen. Die Rebellion gegen die Eltern und deren Werte entpuppt sich als verzweifelter Versuch des Aufbegehrens, die Jugendlichen machen sich lächerlich in ihrem Streben nach Unangepasstheit. Am Ende steht die Entscheidung des Erzählers sich
„vom Punk abzuwenden“ (Z.25).

Didaktische Begründung:

Die Suche nach Formen der Selbstbestimmung, welche im Text thematisiert werden, knüpft an die alltägliche Lebenswelt und die Interessen der Schüler an. Die Thematisierung ungewöhnlicher und für Jugendliche verbotener Verhaltensweisen könnte das Interesse der SuS wecken. Gleichzeitig ist die Punkerszene für die allermeisten SuS eher eine Negativfolie, von der sie sich wohl klar distanzieren. Diese erwartbare klare Positionierung kann die Beteiligung der SuS am Unterricht anregen.

22. November 2010

Die Jugend

Da denkt man noch, man wäre im weitesten Sinn "jung", da darf man schon der "Jugend" eine Frage stellen... 
Heute in der Berliner Zeitung und hier.

21. November 2010

SZ

Warum stimmen immer alle Klischees? Warum kann eine Münchner Zeitung nicht über Berlin schreiben? Warum rege ich mich darüber maßlos auf? Warum lese ich das alles überhaupt? 

Letzte Woche in der Süddeutsche Zeitung auf Seite 3 zwei der dümmsten Artikel, die ich je gelesen habe. Der erste ging über Gated Communities und Carlofts in Potsdam und Berlin. Schon die Überschrift: "In bewachten Wohnanlagen fühlen die Leute sich sicher - wenn nur die doofen Nachbarn nicht wären. Und der Neid." Klar, jeder Mensch ist natürlich voll neidisch auf die Bonzen in bewachten Wohnanlagen! So wollen wir alle Leben. Und in München bitte auch. München gleicht ja sowieso einer einzigen bewachten Wohnanlage, soviel Polizei wie da rumfährt. Aber es geht noch weiter:
"In Kreuzberg auf seinem Balkon parken? Tolle Sache. Aber offenbar provozierend." Nee, brauchen wir nicht hinterfragen, Carloft, ja ist super. Wie kann man sich da nur aufregen? "Ist das die berühmte Berliner Toleranz?", fragt die SZ. Nein, natürlich nicht, das ist, wie ein Investor für Luxuswohnungen sagt: "Leider typisch deutsch". Schön wär's!
Der Schlussabsatz ist auch sehr schön. Es wird eine "junge Mutter" zitiert, die in einer Luxuswohnalnage in Friedrichshain wohnt: „'Und trotzdem wachen wir hier manchmal morgens auf und lesen Grafitti wie Willkommen in Bonzenhausen!' Die Mutter kommt aus München. Von da, sagt sie, 'kennen wir so was Intolerantes nicht’.“ 

Ab nach München, sag ich doch! Lieber nicht im bösen Berlin wohnen. Vor allem nicht im schlimmsten aller möglichen Viertel: NEUKÖLLN. Der zweite Artikel beschäftigt sich nämlich mit Neukölln, dem - wie es heißt- "Wilden Westen der Einwanderungsgesellschaft". In Neukölln ist das Wetter auch grundsätzlich schlecht, das passt zur absoluten Tristesse in Berlin: "Es nieselt, es ist kalt, das hier ist Neukölln". Hier verlassen die Schüler "ihre Hochhauswohnungen das ganze Wochenende nicht", sie "haben Angst vor Kriminalität." Besonders in Nord-Neukölln ist es schlimm. Ja, war die Münchner Journalistin überhaupt mal in Nord-Neukölln? Da gibt es inzwischen bestimmt mehr Biobäckereien als in Schwabing und Prenzelberg zusammen und genug Münchner Touristen die in den unzähligen "Szene-Bars" ihr Augustiner kippen. 
Vielleicht liegt es aber auch wirklich nur am schlechten Wetter in Neukölln, so heißt es ganz am Ende: "Draußen in Neukölln will es einfach nicht aufhören zu regnen." 
Jaja, Berlin schafft sich ab. 

18. November 2010

Am unteren Ende der Wrangelstraße V

Vielleicht heißt der Hund von meinem Alki-Nachbar ja Isolde, denke ich. Ich lese sofort bei Wikipedia die Geschichte von Tristan und Isolde nach: Tristan sollte die holde Isolde eigentlich zu ihrem zukünftigen Ehemann bringen, steht da, aber ganz zufällig trinken sie einen Liebestrunk und stürzen sich in ein wildes Sexabenteuer. Unter dem Wikipedia-Eintrag ist ein Link zu YouTube. Im Video spielen Pornodarsteller die Sage nach – zu Musik von Richard Wagner. Ich versuche mir nicht vorzustellen, wie Angela Merkel auf den Wagner-Festpielen einen Liebestrunk zu sich nimmt. Es klappt nicht.
Ich schaue wieder aus dem Fenster. Mein Alki-Nachbar ist zusammen mit seinem Hund wieder in die Eckkneipe zurückgewankt und der Jung-Vater versucht immer noch sein Kind einzufangen.
„Wie wär’s zum Bleistift wenn du mal herkommst“, ruft er. Sein Sohn Tristan denkt nicht dran. Er rennt immer die zwei Meter weiter weg, die sein Vater auf ihn zukommt. Wahrscheinlich will der Vater den Jungen einfangen, um ihn in die Wohnung zu verfrachten, damit er ihm dort die blonden Locken nachfärben kann. Ich denke darüber nach, warum das neue Bürgertum seinen blonden Kindern Namen von Sagengestalten gibt, aus denen der geniale Antisemit Richard Wagner mal eine Oper gemacht hat. Ich beschließe in das Treiben auf der Wrangelstraße einzugreifen und rufe zu dem Bürgertums-Vater runter: „Hey Adolf. Jetzt komm doch mal her.“ Aber da kommt plötzlich der alte Alki-Nachbar wieder aus der Eckkneipe und ruft: „Ich komm ja schon."

Fortsetzung folgt

14. November 2010

Schlafen #2

Noch ein schönes Lied übers Schlafen. Genau richtig an einem langsamen November-Sonntagabend.



Viel schöner als die Original-Version. Die Zeit schafft es mal wieder was Gutes zu machen. Diese Akustik-Video-Reihe auf Youtube ist wirklich nicht schlecht.
Und ihr habt sicher erkannt, wo der nette Herr von Passion Pit sein Liedchen singt: Im schönen Kreuzberg-Slam-Lido...

12. November 2010

Auch mal Literatur

Kürzlich hat mich mal jemand gefragt, ob das alles auch Literatur sei, was wir da auf der Bühne vorlesen bei Poetry Slams oder Lesebühnen. Bühnenliteratur ist das, habe ich geantwortet. Aber Literatur...naja. Ist das überhaupt wichtig? Es ist eben Text
Die Frage, ob das Literatur ist, was auch unterhaltend und witzig ist und von der Gegenwart, in der wir leben, der Popkultur, handelt, wird immer wieder gestellt. Und die großen Feuilleton-Kritiker sind da dann immer sehr skeptisch und schreiben lieber über die Neuausgabe der gesammelten Briefe von Goethe. 
Auch den so genannten Popliteraten ab Mitte der 90er Jahre wurde abgesprochen, Literatur zu sein. Schließlich schrieben sie lieber über Parties, Drogen und Musik als über den Zweiten Weltkrieg. Trotzdem war es sowas wie ein Befreiungsschlag der deutschen Gegenwartsliteratur, dass Autoren wie Christian Kracht oder Benjamin von Stuckrad-Barre sich von den alten Traditionen befreiten und eben die Gegenwart als Material ihres Schreiben entdeckten. Allerdings wurde es dann wieder schnell ziemlich ruhig um die Popliteraten - bis jetzt.
Ich habe in den letzen Wochen drei neue Bücher von Autoren gelesen, die wohl als Popautoren laufen, die sich auf furiose Weise mit dem Deutschland der Gegenwart beschäftigen. Und ihre Bücher tragen auch häufig gleich das Land im Titel. Da wäre Moritz von Uslars Deutschboden, in dem er den Osten bereist und schaut, wie es so voran geht, mit der Wiedervereinigung. 
Auch Ingo Niermann und Alexander Wallasch widmen sich in Deutscher Sohn einem der wichtigsten aktuellen Streitpunkte, dem Afghanistan-Krieg. Vielleicht driften sie - wie Uslar auch - am Ende zu sehr vom eigentlichen Thema ab, aber überhaupt dieses Buch geschrieben zu haben, war wichtig. 
Das witzigste, aber wohl auch intelligenteste Buch aus dem Popumfeld kommt vom Christian-Kracht-Freund Rafael Horzon. Das weiße Buch ist seine Autobiographie, sie beschreibt die Jahre nach der Wende in Berlin-Mitte. Als alle lustige Kunstaktionen machten, Häuser für Parties besetzten und kein Geld hatten. Allerdings nimmt er das alles gar nicht ernst - und damit gerade wieder besonders ernst. Außerdem ist es eins der optisch schönsten Bücher, die ich kenne...

So, jetzt steht auch mal etwas über Literatur in diesem Blog. Wenn man selbst schon keine macht.

8. November 2010

Schlafen

Seit ich schreibe, beschäftigt mich immer wieder ein Thema, das mir besonders am Herzen liegt: Das Schlafen. Alles kommt vom Schlaf und alles führt wieder zum Schlaf hin. Es sollte viel mehr geschlafen werden auf der Welt, Leid und Krieg und alles Schlechte könnte so verhindert werden. 
Dieses schöne Lied der schwedischen Band The Concretes behandelt das Thema schon einmal ganz gut:
"We're gonna stay in bed all day."
Gute Nacht.


4. November 2010

Am unteren Ende der Wrangelstraße IV

Ich sitze mal wieder am Fenster, schaue auf das untere Ende der Wrangelstraße und mir ist langweilig. Ich hole meinen Laptop und google meinen Namen. Es gibt 960.000 Ergebnisse für sebastian lehmann. Die Suche hat 0,16 Sekunden gedauert. Mir ist immer noch langweilig. 
Plötzlich höre ich laute Rufe von der Straße, ich mache sofort das Fenster auf und sehe wie ein Vater auf der Straße steht und sein Kind ruft: "Tristan! Komm sofort zurück. Tristan!" 
Das Kind kommt nicht, das Kind schreit nur, weil es mit so einem Vater geschlagen ist. Der Vater ist von der Sorte toleranter Jung-Vater und Hausmann. Ich wundere mich, warum er hier wohnt und nicht im Prenzelberg.
Da kommt mein Alki-Nachbar aus der Eckkneipe gegenüber auf die Straße gewankt. Hinter ihm trottet sein leicht verwahrloster Hund. Mein Nachbar schaut eine Weile dem Vater zu, wie der jetzt ruft:
"Scheiße, Tristan! Komm jetzt verfickt noch mal her!" So ändern sich die Erziehungsmethoden. Mein Vater hat früher noch gerufen: "Sebastian, komm jetzt, Menschenskindernochmal." Früher war alles besser.
Mein Alki-Nachbar geht jetzt auf den Vater zu und ruft laut in dessen Gesicht: "So redet man aber nicht mit seinem Kind."
"Aber wie Sie immer mit ihrem Hund reden", schreit der Vater zurück.


Fortsetzung folgt

3. November 2010

Netz

Die Jugendseite der Berliner Zeitung hat ein Interview mit mir gemacht. Das war am Montag in der Zeitung. Das ist mir etwas peinlich, aber hier ist der Link zum Interview.

Außerdem gibt es einen so genannten Arte Web Slam. Das ist wie ein Poetry Slam - nur im Netz. Und da mach ich auch mit, bzw. ein Video von mir, das Slammin' Poetry gefilmt hat. Man kann HIER für mich abstimmen. Aber bitte nur ausschließlich für mich. Danke.